(IP) Familie muss ihr Haus räumen

Ein außergewöhnliches Urteil in Brandenburg hat zur Folge, dass Familie Walter gezwungen ist, ihr Haus in Rangsdorf zu verlassen. Dieses Urteil basiert auf einem Justizfehler bei einer Zwangsversteigerung, der dazu führt, dass die Familie ihr Grundstück zurückgeben und das eigens erbaute Haus abreißen lassen muss. Das Justizministerium erkennt den Fehler an und verspricht außergerichtliche Schadensersatzleistungen. Jedoch wird der Schadenersatz voraussichtlich nicht alle entstandenen Kosten decken. Die Familie entschied sich offenbar dafür, den letzten Akt dieses juristischen Dramas nicht im Gerichtssaal zu erleben und war dementsprechend nicht bei der Verkündung des Urteils anwesend. Der Richter am Oberlandesgericht Brandenburg an der Havel verkündete das Urteil alleine und in Anwesenheit zahlreicher Journalisten. Mit dieser Entscheidung wird das langwierige Verfahren rechtlich abgeschlossen. Im Jahr 2010 hatte das Amtsgericht Luckenwalde bei der Versteigerung des vernachlässigten Grundstücks in Rangsdorf einen Fehler begangen, was letztendlich dazu führt, dass Familie Walter ihr Haus, ihr Grundstück und erhebliche Geldmittel verliert. Dies ist nun endgültig besiegelt. Darüber hinaus ordnete Richter Christian Odenbreit an, dass Familie Walter das auf dem ersteigerten Grundstück errichtete Haus abreißen lassen muss. Der Kläger, ein in den USA geborener Deutscher, wird wieder als alleiniger Eigentümer im Grundbuch eingetragen und erhält 6.000 Euro als Nutzungsentschädigung von der Familie. Die Walters müssen das Grundstück bis Ende Juni 2024 geräumt haben.

Nicht ausreichende Suche nach rechtmäßigem Besitzer

Obwohl das Urteil und der mehr als zehnjährige Prozess für die Familie Walter ungerecht und schwer nachvollziehbar erscheinen, hat auch der amerikanische Kläger juristisch gesehen nichts Falsches getan. Das Amtsgericht Luckenwalde hatte offensichtlich nicht ausreichend intensiv nach dem rechtmäßigen Besitzer gesucht, obwohl es möglich gewesen wäre, ihn trotz mehrerer Wohnortwechsel und eines bekannten Namens ausfindig zu machen. Der Besitzer selbst hat jedoch keine Absicht, in das Haus einzuziehen, und sein Anwalt gibt an, dass er noch nicht weiß, was mit dem Haus passieren soll, aus dem die Familie nun gezwungen wird auszuziehen. Die Familie Walter hat das Urteil heute aus der Distanz zur Kenntnis genommen und nach eigenen Angaben gefasst akzeptiert. Lediglich die Frist von einem Jahr für den Abriss und den Auszug halten sie für zu kurz.

Unbürokratische Hilfe zugesichert

Bereits im Vorfeld des heutigen Urteils hatte die Brandenburger Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) das Versagen des Amtsgerichts Luckenwalde eingestanden und der Familie Walter schnelle und unbürokratische Hilfe zugesichert. Das bedeutet, dass das Land für den finanziellen Verlust aufkommen möchte. Es ist jedoch noch nicht klar, in welchem Umfang dies geschehen wird. Ministerin Hoffmann hat bisher nicht konkretisiert, ob der entstandene Schaden der Familie vollständig ausgeglichen wird. Das Justizministerium möchte nach dem Urteil so schnell wie möglich mit der Familie Walter in Kontakt treten und eine Einigung erzielen, wie in einer Pressemitteilung des Ministeriums erklärt wurde. Kurz nach dem Urteil wurde bereits eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich mit der Analyse des Urteils befasst. Das Justizministerium strebt eine "ausgewogene und gerechte Lösung" in Bezug auf Amtshaftungsansprüche an. Entschädigungsansprüche sollen außergerichtlich geregelt werden. In der Mitteilung heißt es, dass das Land für die materiellen Schäden, die durch den Fehler bei der Zwangsversteigerung verursacht wurden, verantwortlich ist und diese ersetzen wird.

Gesetzesänderung nicht geplant

Der Fall der Familie Walter hat bundesweit für Schlagzeilen gesorgt und politische Debatten über den Ablauf von Zwangsversteigerungen ausgelöst. Péter Vida von den BVB/Freien Wählern fordert schnelle und unbürokratische Hilfe. Als Reaktion auf das Urteil möchten die Freien Wähler, dass das Justizministerium das Grundstück vom Eigentümer kauft und es der Familie kostenlos übereignet, um das erschütterte Vertrauen am schnellsten wiederherzustellen. Die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Tina Fischer, drängt ebenfalls auf schnelle Maßnahmen seitens des Ministeriums. Marlen Block von der Linken, die bei der Urteilsverkündung anwesend war, fordert sogar eine Gesetzesänderung, um die Recherche von Besitzverhältnissen bei Versteigerungsobjekten strenger zu regeln. Sie sieht eine deutliche Diskrepanz zwischen Recht und Gerechtigkeit in diesem Fall. Justizministerin Hoffmann hat jedoch bereits klargestellt, dass sie keine Gesetzesänderung plant. Sie ist der Meinung, dass die bestehenden Gesetze ausreichen und der Fehler, der der Familie Walter widerfahren ist, auf individuelles Versagen und nicht auf eine Gesetzeslücke zurückzuführen ist. Es bleibt abzuwarten, wie das außergerichtliche Verfahren abschließend geregelt wird. Kristin Walter hofft auf konstruktive Gespräche mit dem Ministerium. Es ist jedoch fraglich, ob der entstandene Schaden allein mit Geld wiedergutgemacht werden kann. Die Walters haben bereits viele belastende Jahre der Unsicherheit hinter sich. Neben den Kosten für den Hausbau haben sie auch erhebliche Verfahrenskosten in Höhe von etwa 65.000 Euro zu tragen. Hinzu kommt der Abriss des 170 Quadratmeter großen Hauses. Es ist auch ungewiss, wo die Familie in Zukunft leben wird. Die Kinder gehen in Rangsdorf zur Schule, aber aufgrund der aktuellen Zinsen und Baupreise können sie sich ein neues Haus nicht leisten. Mit dem Urteil hat die Suche nach einem neuen Zuhause für die Walters erneut begonnen.

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