(IP/RVR) „Wird ein Grundstück doppelt ausgeboten, obwohl die verlangten abweichenden Bedingungen den gesetzlichen Bedingungen inhaltlich entsprechen, ist der Zuschlagsversagungsgrund des § 83 Nr. 1 ZVG gegeben.“ So der Leitsatz des BGH-Beschlusses vom 19.07.2012.

Hintergrund der Entscheidung war folgender Sachverhalt: Im Zwangsversteigerungstermin wurden von einem der Beteiligten abweichende Versteigerungsbedingungen des Inhalts beantragt, dass das Sonderkündigungsrecht gem. § 75a ZVG entfällt. Das Vollstreckungsgericht hat dem Antrag entsprochen und das Grundstück doppelt ausgeboten – einmal zu den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen und daneben zu abweichenden Bedingungen mit dem Wegfall des Sonderkündigungsrechts. Der Zuschlag wurde zu den gesetzlichen Bedingungen erteilt. Gegen den Zuschlagsbeschluss hat der Ersteher Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, dass bei Gebotsabgabe angenommen worden sei, dass beim Zuschlag zu den gesetzlichen Bedingungen das Sonderkündigungsrecht gem. § 57a ZVG bestehe. Tatsächlich sei dieses jedoch nach § 183 ZVG ausgeschlossen.

Der BGH hält in dieser Konstellation den Zuschlagsversagungsgrund des § 83 Nr. 1 ZVG für gegeben, da die Vorschrift des § 59 Abs. 2 ZVG verletzt ist. Hiernach ist ein Doppelausgebot nur dann zulässig, wenn Versteigerungsbedingungen verlangt werden, die von den gesetzlichen Vorschriften abweichen. Dies war aber gerade nicht der Fall, da das Sonderkündigungsrecht aufgrund § 183 ZVG ohnehin ausgeschlossen war und somit die beantragten „abweichenden“ Bedingungen den gesetzlichen Bedingungen entsprachen.

Eine Heilung des Verfahrensmangels gem. § 84 Abs. 1 ZVG kommt nicht in Betracht, da davon auszugehen ist, dass das fehlerhafte Doppelausgebot zu Fehlvorstellungen des Erstehers über den Inhalt der gesetzlichen Versteigerungsbedingungen geführt hat und somit auch sein Recht als Bieter beeinträchtigt hat. Zwar geht ein Irrtum über die Versteigerungsbedingungen grundsätzlich zu Lasten des Bieters, wenn dieser Irrtum aber durch Fehler des Vollstreckungsgerichts entstanden ist, muss etwas anderes gelten. Durch das Doppelausgebot erweckte das Vollstreckungsgericht hier den Eindruck, dass die gesetzlichen Bedingungen ein Sonderkündigungsrecht vorsehen. Unter dem Gesichtspunkt eines fairen Verfahrens ist es in dieser Konstellation nicht zu rechtfertigen, den Ersteher an sein Gebot zu binden.

Das Original-Urteil kann hier abgerufen werden:

BGH Beschluss vom 19.07.2012, Az. V ZB 265/11


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