(IP/RVR) „Der Treuhänder ist während der Laufzeit der Abtretungserklärung des Schuldners kraft Amtes befugt, das nachträgliche Erlöschen von Forderungen, die in das Schlussverzeichnis des Insolvenzverfahrens aufgenommen worden sind, gegen den jeweiligen Insolvenzgläubiger im Klagewege geltend zu machen (Verteilungsabwehrklage).

Führt die Aufrechnung eines Insolvenzgläubigers gegen Forderungen des Schuldners, die von seiner Abtretungserklärung nicht erfasst sind, während ihrer Laufzeit zu einer teilweisen Befriedigung, so darf der Insolvenzgläubiger an den weiteren Verteilungen nur nach dem Berücksichtigungswert seiner Restforderung teilnehmen."

Der Entscheidung des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger ist Treuhänder im Restschuldbefreiungsverfahren des Schuldners X. gegen den Schuldner X bestand nach dem Schlussverzeichnis des zum damaligen Zeitpunkt aufgehobenen Insolvenzverfahrens eine Steuerforderung des beklagten Landes in Höhe von 125,25 €. Das Land rechnete sodann mit dieser Forderung gegen den Steuererstattungsanspruch des X in Höhe von 105,25 € auf. Das Amtsgericht hat daraufhin auf Antrag des Treuhänders folgerichtig die Teilnahme des beklagten Landes an Verteilungen des Treuhänders für unzulässig erklärt soweit diese einen Betrag in Höhe von 20,00 € übersteigt, da das beklagte Land insoweit seine Anmeldung zur Insolvenztabelle nicht berichtigte.

Der BGH stellt sich in seiner Entscheidung vollumfänglich hinter die Befugnisse des Treuhänders als Partei kraft Amtes, die Verteilungsabwehrklage entsprechend § 767 ZPO zu erheben, da diese Rechtsschutzform wegen der Rechtskraftwirkung der Tabelleneintragung sowie der Bindungswirkung des Verzeichnisses hier genauso statthaft sei, wie für den Insolvenzverwalter, der mit der Begründung, die festgestellte Forderung sei ganz oder teilweise erloschen, ihre Aufnahme in ein Verteilungsverzeichnis ablehnen kann (dazu BGH Urteil v. 04.10.1984 IX ZR 159/83). Ebenso verhalte es sich im Restschuldbefreiungsverfahren, da hier nach Maßgabe des § 292 Abs.1 InsO das Schlussverzeichnis maßgebend bleibt. Folglich gehöre es nach Sinn und Zweck des Amtes zu den Aufgaben des Treuhänders die Verteilungsabwehrklage zu erheben und dementsprechend auch prozessführungsbefugt zu sein.

Des Weiteren stellt der BGH klar, dass der Klage des Treuhänders auch nicht das Rechtschutzbedürfnis allein wegen der Tatsache fehle, dass das Land unstreitig auf Grund der 20,00 € Restforderung noch nicht vollumfänglich befriedigt sei. Es gehe im vorliegenden Fall um die offene Streitfrage, welches Verteilungsrecht dem beklagten Land nach den erklärten Aufrechnungen noch zustehe und die danach womöglich notwendige Umgestaltung in der Bindungswirkung des Schlussverzeichnisses. Ebenfalls wird in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs deutlich, dass nach der allgemeinen insolvenzrechtlichen Interessenwertung der Gläubiger durch eine Aufrechnungsmöglichkeit in ähnlicher Weise geschützt wird wie durch ein Absonderungsrecht. Voraussetzung ist und bleibt in jedem Fall die Frage der Wirksamkeit der Aufrechnung, dem das Aufrechnungsverbot des § 294 Abs.3 InsO nicht entgegenstehen darf bzw. darf die Forderung des Aufrechnungsberechtigten nicht von der Abtretung nach § 287 Abs.2 InsO erfasst sein, was vorliegend bei einem Steuerrückerstattungsanspruch zu verneinen ist. Somit war das Schlussverzeichnis folgerichtig zu berichtigen.

BGH v. 29.03.2012 Az.: IX ZR 116/11


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