(ip/RVR) Nach einem rechtskräftigen Versäumnisurteil auf Schadensersatz fehlt es einer Klage auf Feststellung, dieser Anspruch sei aus dem Gesichtspunkt einer unerlaubten Handlung begründet, am Feststellungsinteresse; so entschied kürzlich das OLG des Landes Sachsen-Anhalt.

Die Klägerin verlangt vom Beklagten und der Mitverklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit einem Seminarvertrag. Da der Beklagte für dieses Verfahren nicht fristgemäß eine Verteidigungsanzeige abgab, wurde er vom LG durch ein Teilversäumnisurteil antragsgemäß verurteilt. Dieses Teilversäumnisurteil wurde rechtskräftig, während das Verfahren gegen die Mitverklagte streitig weiterlief. Nach Eintritt der Rechtskraft des Teilversäumnisurteils beantragte die Klägerin sowohl gegenüber dem Beklagten als auch gegenüber der Mitverklagten festzustellen, dass der Schadensersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt einer unerlaubten Handlung begründet ist. Das LG trennte das Verfahren hinsichtlich des Beklagten ab und führte es als neues Verfahren weiter, das nur den vorgenannten Feststellungsantrag als Streitgegenstand hat. Das LG hat der Feststellungsklage stattgegeben. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung erfolgreich. Das OLG weist die Feststellungsklage ab, weil es am erforderlichen Feststellungsinteresse fehlt.  

Soweit ersichtlich kann die Frage, ob der Klageanspruch als ein solcher aus dem Gesichtspunkt einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung begründet ist, nur im Rahmen von § 850 f Abs. 2 ZPO bzw. im Rahmen von § 302 Nr. 1 InsO Bedeutung erlangen.

Für die Entscheidung über die Herabsetzung der Pfändungsfreigrenze i.S.v. § 850 f Abs. 2 ZPO ist der Rechtspfleger zuständig. Grundlage für die Entscheidung ist der Vollstreckungstitel. Nach der von der Klägerin zitierten Entscheidung des BGH (BGHZ 109, 275, 279) kann eine solche Entscheidung problematisch werden, wenn sich aus dem Titel (Tenor/ Entscheidungsgründe/Klägervorbringen) die vorsätzliche unerlaubte Handlung nicht ergibt. Hintergrund dieser Entscheidung war die Überlegung, dass der Vollstreckungsbescheid nicht geeignet ist, den mit ihm geltend gemachten Anspruch festzulegen, weil der zugrunde liegende Mahnbescheid auf den einseitigen, vom Gericht nicht materiell-rechtlich geprüften Angaben des Gläubigers beruht.

Eine vergleichbare Situation ergibt sich für ein Versäumnisurteil als Titel nicht.

Anders als ein Vollstreckungsbescheid darf ein Versäumnisurteil erst nach der von § 331 Abs. 1 ZPO geforderten Schlüssigkeitsprüfung ergehen. So entspricht es der h.M., dass auch ein sachlich entscheidendes Versäumnisurteil der materiellen Rechtskraft fähig ist. Da dieses regelmäßig weder einen Tatbestand noch Entscheidungsgründe enthält, ist bei einem Versäumnisurteil gegen den Beklagten neben der Urteilsformel ergänzend auf den Klageinhalt, also auf das Vorbringen des Klägers abzustellen, weil dieses Vorbringen nach § 331 Abs. 1 ZPO als zugestanden gilt. Im Rahmen von § 850f Abs. 2 ZPO kann auch der Rechtspfleger den Klagevortrag heranziehen, um die Frage zu beantworten, ob eine vorsätzliche unerlaubte Handlung vorliegt. Der Rechtspfleger muss – sozusagen als Tatbestand – auch den Klagevortrag seiner Entscheidung zugrunde legen.

Der Klageanspruch wurde hier ausdrücklich auf eine Betrugshandlung gestützt, die ihrerseits nur vorsätzlich begangen werden kann. Da mithin dem Rechtspfleger eine ausreichende Entscheidungsgrundlage zur Verfügung steht, ist das Feststellungsinteresse insoweit zu verneinen, da der Antrag nach § 850 f Abs. 2 ZPO einfacher und kostengünstiger ist als eine Feststellungsklage.

Für § 302 Nr. 1 InsO gilt, dass die Feststellungsklage nach § 184 Abs. 1 InsO voraussetzt, dass der Schuldner einer angemeldeten Forderung widersprochen hat. Tut er dies nicht und entspricht die Anmeldung den Voraussetzungen von § 174 Abs. 2 InsO, wird die Forderung aus der Restschuldbefreiung ausgenommen. D.h. auch insoweit stellt die Anmeldung der Forderung den einfacheren und günstigeren Weg jedenfalls solange dar, bis ein Widerspruch des Schuldners vorliegt. Dass dies vorliegend der Fall ist, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

OLG Naumburg vom 30.06.2011, Az. 1 U 7/11

 

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