(ip/RVR) Das Landgericht Münster hatte kürzlich über die sofortige Beschwerde gegen einen Verkehrswertfestsetzungsbeschluss zu entscheiden.

Mit Beschluss vom 21.02.2008 beauftragte das Amtsgericht den Sachverständigen „E“ mit der Erstattung eines Gutachtens zur Ermittlung des Verkehrswertes des zur Zwangsversteigerung bestimmten Grundstücks. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass der Verkehrswert 250.000,00 Euro beträgt.

Mit Schreiben vom 14.07.2008 teilte das Amtsgericht den an dem Verfahren Beteiligten, dass es beabsichtigt, den Verkehrswert entsprechend dem Sachverständigengutachten festzusetzen. Es gab den Beteiligten diesbezüglich Gelegenheit zur Stellungnahme. Daraufhin wandte sich der Schuldner mit Schreiben vom 30.07.2008 an das Gericht, in dem es hieß, dass „er mit dem festgesetzten Verkehrswert einverstanden“ sei, da einige in dem Schreiben näher bezeichnete werterhöhende Faktoren nicht hinreichend berücksichtigt worden seien.

Das Amtsgericht forderte daraufhin von dem Sachverständigen eine ergänzende Stellungnahme an, da es davon ausging, dass der Schuldner mit dem festgesetzten Verkehrswert gerade nicht einverstanden war. Diese Stellungnahme reichte der Sachverständige mit Schreiben vom 04.08.2008 zu den Akten. Letztendlich setzte das Amtsgericht den Verkehrswert auf 250.000,00 Euro fest. Dieser Beschluss wurde dem Schuldner am 14.08.2008 zugestellt.

Der Schuldner rief am selben Tag die Geschäftsstelle an und teilte mit, dass er mit der Verkehrswertfestsetzung nicht einverstanden ist und dass er am nächsten Tag sich telefonisch mit dem Rechtspfleger in Verbindung setzen würde. Der angekündigte Anruf erfolgte nicht.

Am 06.05.2009 wurde das Grundstück mit einem Gebot in Höhe von 280.000,00 Euro versteigert. Am gleichen Tag erteilte das Amtsgericht dem Meistbietenden mit angefochtenem Beschluss den Zuschlag.

Der Schuldner wendet sich hiergegen mit sofortiger Beschwerde. Er ist der Ansicht, dass der Verkehrswertbeschluss bei Erteilung des Zuschlags nicht rechtskräftig war, da er gegen ihn zu Protokoll der Geschäftsstelle sofortige Beschwerde eingelegt hat. Darüber hinaus stützt er sich darauf, dass, die Formunwirksamkeit seiner Beschwerde unterstellt, das Gericht ihn nicht auf die fehlende Beachtung der Formvorschriften hingewiesen hat und verletzte damit seine Aufklärungspflicht, was einen Versagungsgrund nach § 83 Nr. 6 ZVG darstellt.

Das Amtsgericht half der Beschwerde nicht ab und legte sie nebst Sachakten der Kammer zur Entscheidung vor.

Der Ersteher beantragt, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Das Landgericht führt aus, dass die sofortige Beschwerde des Schuldners gemäß §§ 95, 96 ZVG in Verbindung mit §§ 567, 569 ZPO zwar zulässig ist, kann jedoch in der Sache keinen Erfolg haben.

Nach Auffassung des LG ist der Verkehrsfestsetzungsbeschluss rechtskräftig geworden. Zur Begründung führt es aus, dass der Schuldner gegen ihn nicht wirksam das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde eingelegt hat: „Im Schreiben des Schuldners vom 30.07.2008 kann schon deshalb keine sofortige Beschwerde erblickt werden, weil der Beschluss, gegen den sie sich hätte richten sollen, zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch nicht ergangen war, denn der Verkehrswertfestsetzungsbeschluss erging erst am 11.08.2008.“
Die telefonische Mitteilung des Schuldners vom 14.08.2008 kann ebenfalls nicht als wirksame sofortige Beschwerde gewertet werden, da sie nicht in der Form des § 596 ZPO eingelegt worden ist.

Darüber hinaus ist eine telefonische Einlegung der sofortigen Beschwerde zu Protokoll der Geschäftsstelle nicht zulässig (BGH, Beschluss vom 12.0.2009, V ZB 71/08).

Ein Versagungsgrund nach § 83 Nr. 6 ZVG wegen einer Verletzung der Aufklärungspflicht durch das Gericht besteht ebenfalls nicht. Es ist zweifelhaft, ob einem Gericht zugemutet werden kann, nach jedem Anruf auf der Geschäftsstelle den entsprechenden Verfahrensbeteiligten auf den möglichen weiteren Verfahrensablauf schriftlich oder telefonisch hinzuweisen. Im vorliegenden Fall konnte eine Aufklärungspflicht des Gerichts schon deshalb nicht bestehen, weil der Schuldner angekündigt hat, dass er sich am 15.08.2008 noch einmal telefonisch bei dem das Verfahren bearbeitenden Rechtspfleger melden wird. Wenn er von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch macht, so hat er die daraus entstehenden Konsequenzen zu tragen.

„Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Schuldners zurückgewiesen.“


LG Münster, Beschluss vom 03.07.2009, Az. 5 T 385/09

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