(ip/RVR) Der BGH hatte aktuell über die Verteidigung des Schuldners gegen den Insolvenzantrag zu entscheiden.

Die Gläubigerin stellte am 7. März 2008 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners. In der schriftlichen Anhörung zu diesem Antrag wies das Insolvenzgericht den Schuldner auf die Möglichkeit hin, binnen drei Wochen ab Zustellung einen eigenen Insolvenzantrag verbunden mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung zu stellen. Der Schuldner reagierte mit Schreiben vom 29. März 2008, in dem er das Vorliegen eines Insolvenzgrundes bestritt. Im Übrigen führte er Folgendes aus:

"Vorsorglich stelle ich Antrag auf Restschuldbefreiung. Für den Fall, dass das Gericht den Antrag für begründet erachtet, stelle ich einen eigenen Insolvenzantrag. In meinem Fall handelt es sich, wenn es überhaupt ein Fall ist, um eine Verbraucherinsolvenz. Deshalb bitte ich um Zusendung des besonderen Merkblattes. Da ich weniger als 20 Gläubiger habe und als Angestellter arbeite, erfülle ich die Voraussetzungen von § 304 InsO. Deshalb bitte ich ggf. um Aussetzung des Verfahrens gemäß § 306 I InsO."

Das Insolvenzgericht holte im weiteren Verlauf des Eröffnungsverfahrens ein Gutachten zu den Eröffnungsvoraussetzungen ein. Der Sachverständige kam darin zu dem Ergebnis, dass Zahlungsunfähigkeit vorliegt und aufgrund der Einzahlung eines Verfahrenskostenvorschusses durch die Gläubigerin die Verfahrenseröffnung erfolgen kann. Das Insolvenzgericht übersandte das Gutachten mit Verfügung vom 17. Oktober 2008 dem Schuldner.
Das Insolvenzgericht eröffnete mit Beschluss vom 26. November 2008 das Verfahren auf Antrag der Gläubigerin. Es stellte im Eröffnungsverfahren fest, dass ein Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung nicht vorliegt.

Eine sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Eröffnungsbeschluss blieb ohne Erfolg. Er verfolgt mit der Rechtsbeschwerde seine Anträge auf Aussetzung des eröffneten Verfahrens zur Durchführung eines Eigenantragsverfahrens und Stellung eines Antrags auf Restschuldbefreiung weiter.

Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6 Abs. 1, § 34 Abs. 2, § 289 Abs.2 Satz 1 InsO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Sie bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.
Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Ausführungen des Beschwerdegerichts der rechtlichen Überprüfung standhalten.

Der BGH führte u.a. aus, dass der Schuldner sich entscheiden muss, ob er dem Gläubigerantrag entgegentritt oder ob er sich dessen Antrag mit einem eigenen unbedingten Antrag anschließt. Er begründete dies damit, dass der Schuldner nicht in erster Linie geltend machen kann, gar nicht insolvent zu sein, und nur hilfsweise, für den Fall, dass das Insolvenzgericht die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens feststellt, einen eigenen Insolvenzantrag stellen. „Es ist widersprüchlich und stellt keine bloße innerprozessuale Verknüpfung dar, wenn der Schuldner auf den Gläubigerantrag einwendet, ein Insolvenzgrund liege nicht vor, in zweiter Linie jedoch einen eigenen Antrag stellt, mit dem er vorträgt, ein Eröffnungsgrund sei doch gegeben, sofern das Insolvenzgericht den Gläubigerantrag für begründet erachte.“

Über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens kann nur einheitlich entschieden werden. Diesbezüglich gelten folgende Grundsätze:
– Mehrere gleichzeitig anhängige Insolvenzanträge sind spätestens mit Verfahrenseröffnung miteinander zu verbinden; geschieht dies nicht, sind die übrigen Anträge, auf die keine Eröffnung erfolgt ist, für erledigt zu erklären.
– Anträge, über die mangels Verbindung nicht entschieden worden ist, werden unzulässig.

Die oben genannten Grundsätze gelten auch, wenn der Schuldner aufgrund eines Hinweises nach § 20 Abs. 2 InsO vor die Wahl gestellt wird, entweder seine Einwendungen gegen den Gläubigerantrag zu verfolgen oder selbst einen Eigenantrag zu stellen. Der Schuldner muss sich somit eindeutig entscheiden, ob er es auf die Entscheidung über den Antrag des Gläubigers ankommen lässt oder ob er von der Möglichkeit eines Eigenantrags Gebrauch macht. In seinem Eigenantrag räumt der Schuldner den Eröffnungsgrund ein und erklärt sich bereit, sein verbleibendes Vermögen den Gläubigern zur gemeinschaftlichen Befriedigung zur Verfügung zu stellen. „Der Schuldner, der nur hilfsweise einen Eigenantrag stellt, räumt gerade nicht den Eröffnungsgrund ein.“

Im vorliegenden Fall erfüllten die Erklärungen des Schuldners in dem Schreiben vom 29. März 2008 nicht die Voraussetzungen eines unbedingt gestellten Insolvenzantrags. Er ließ ausdrücklich offen, ob die Voraussetzungen für ein Verbraucherinsolvenzverfahren gegeben waren. Den Hinweis auf die bevorstehende Verfahrenseröffnung auf Antrag der Gläubigerin erhielt der Schuldner mit der Übersendung des Gutachtens.

„Eine Aussetzung des Verfahrens, um dem Schuldner Gelegenheit zu geben, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf Antrag des Gläubigers einen Eigenantrag zu stellen, kam aus mehreren Gründen nicht in Betracht.“

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts wird auf Kosten des Schuldners zurückgewiesen.

Der Leitsatz fasst zusammen:
„Einem Schuldner ist es verwehrt, sich gegen den Antrag eines Gläubigers auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens hauptsächlich mit dem Einwand zu verteidigen, der Antrag sei unzulässig oder unbegründet, und nur hilfsweise für den Fall, dass das Insolvenzgericht den Antrag des Gläubigers für zulässig und begründet hält, einen eigenen Insolvenzantrag verbunden mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung zu stellen.“


BGH vom 11.03.2010, Az.: IX ZB 110/09

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