(IP) Hinsichtlich Berechtigung einer Wohneigentümergemeinschaft, Miteigentumsanteile störender Miteigentümer mittels Rechtsprechung selbst zu erwerben, hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Leitsatz entschieden.

„a) Wohnungseigentum in Bruchteilseigentum kann insgesamt entzogen werden, wenn auch nur einer der Miteigentümer einen Entziehungstatbestand nach § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 WEG verwirklicht.
b) Der nicht störende Miteigentümer ist aber entsprechend § 19 Abs. 2 WEG berechtigt, die Wirkungen des Entziehungsurteils bis zur Erteilung des Zuschlags dadurch abzuwenden, dass er den Miteigentumsanteil des störenden Miteigentümers selbst erwirbt, den störenden Miteigentümer dauerhaft und einschränkungslos aus der Wohnanlage entfernt und dass er der Wohnungseigentümergemeinschaft alle Kosten ersetzt, die dieser durch die Führung des Entziehungsrechtsstreits und die Durchführung eines Zwangsversteigerungsverfahrens zur Durchsetzung des Entziehungsanspruchs entstanden sind.“

Die Beklagte und ihr Ehemann waren Mitglieder der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie waren je zur Hälfte Miteigentümer einer Eigentumswohnung in der Anlage, die sie seit Jahrzehnten selbst bewohnten. Der Beklagte hatte wiederholt das Treppenhaus, eine Hinweistafel im Eingangsbereich der Anlage, eine Wohnungstür und Briefkästen anderer Wohnungseigentümer mit beschimpfenden Schriftzügen beschmiert. Er beleidigte wiederholt andere Wohnungseigentümer lautstark in Fäkalsprache mit rassistischem Vokabular. Ferner kam es mehrfach zu erheblichen Körperverletzungen. In einem Fall stieß er einen anderen Wohnungseigentümer die Treppe herunter; dieser zog sich nur deshalb keine schweren Verletzungen zu, weil er durch einen anderen Wohnungseigentümer aufgefangen wurde.

Die Verwaltung forderte beide Beklagten vergeblich auf, dies Verhalten einzustellen. In einer Eigentümerversammlung wurde dann die Einleitung eines gerichtlichen Eigentumsentziehungsverfahrens gegen beide Beklagten beschlossen, ferner, sie aufzufordern, ihre Wohnung zu veräußern, und die Verwaltung zu ermächtigen, bei Verstreichen der Frist die Verurteilung zur Veräußerung der Wohnung zu betreiben. Im Anschluss forderte die Verwaltung die Beklagten erfolglos auf, ihre Wohnung zu veräußern. Diese Maßnahmen veranlassten den Beklagten nicht, sein Verhalten zu ändern. Er führte sein Verhalten auf eine psychische Störung infolge ‚Paranoia’ zurück, war aber nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht schuldunfähig. Das Amtsgericht hatte beide Beklagte darauf zur Veräußerung ihres Wohnungseigentums verurteilt.

Das Original-Urteil kann hier abgerufen werden:

BGH, Az.: V ZR 138/17

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