(ip/pp) Inwieweit ein Darlehen - von der Hauptforderung unabhängig - eine Bürgschaft ersetzen kann, hatte das Oberlandesgericht (OLG) Celle aktuell zu beurteilen. Der Kläger war der Testamentsvollstrecker des im Verlauf des Prozesses verstorbenen Erblassers, eines Rechtsanwalts, der die Beklagte auf Rückerstattung eines seiner Meinung nach zu Unrecht vereinnahmten Betrages in Anspruch nahm. Der Erblasser hatte eine selbstschuldnerische Bürgschaft zugunsten der Hauptschuldnerin, einer GmbH, übernommen - zur Absicherung eines dieser von der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Y.-Bank, gewährten Kontokorrentkredits bis zu einem Höchstbetrag von 75.000,- Euro. Darauf verbürgte sich der Erblasser für eine weitere Forderung der Beklagten aus einem Darlehensvertrag mit derselben Hauptschuldnerin in Höhe von ca. 33.000,- Euro. Als die Hauptschuldnerin in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, kündigte die Beklagte die Geschäftsverbindung, worüber sie den Erblasser informierte und zugleich darauf hinwies, dass mit der Fälligstellung der Kredite auch die Voraussetzungen für seine Inanspruchnahme aus den Bürgschaften vorlägen. Nachdem das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Hauptschuldnerin eröffnet worden war, setzte die Beklagte diese Ankündigung um und nahm den Erblasser aus den Bürgschaften in Anspruch, deren Höhe sie mit vorläufig ca. 45.000,- Euro bezifferte. In diesem Zusammenhang verhandelten der Erblasser und die Beklagte über die Möglichkeit der Kreditierung der Bürgschaftszahlung, da der Erblasser aufgrund seiner damaligen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage war, die Bürgschaftssumme aus eigenen Mitteln aufzubringen. Parallel dazu meldete die Beklagte ihre Forderungen gegen die Hauptschuldnerin zur Insolvenztabelle an.

Dann schlossen der Erblasser und die Beklagte einen Darlehensvertrag über eine Valuta in Höhe von 95.000,- Euro zu einem Zinssatz von 5,55 % p. a. (effektiv 5,70 %) und einer Zinsfestschreibung über fünf Jahre. In der Rubrik „Verwendungszweck“ heißt es: „Ablösung der Verbindlichkeiten der Firma S. GmbH auf Konto-Nr. aa (Inanspruchnahme aus Bürgschaften).“ Die Höhe des Darlehens entsprach der offen stehenden Bürgenschuld einschließlich bis dahin aufgelaufener Zinsen. Das Darlehen wurde u. a. durch eine Grundschuld an dem Grundstück des Erblassers gesichert. Ob der Darlehensvertrag auf Initiative des Erblassers zustande gekommen war oder die Beklagte ihm angeboten hatte, die Bürgschaftsforderung zu kreditieren, ist zwischen den Parteien streitig. Mit einem an den Erblasser gerichtetem Schreiben bestätigte die Beklagte die Ablösung der übernommenen Bürgschaften und fügte die Originalurkunden bei. Dann nahm die Beklagte die Anmeldung ihrer Forderungen zur Insolvenztabelle zurück. Das Amtsgericht Celle stellte das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Hauptschuldnerin später mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse ein.

Die vereinbarten Darlehensraten zahlte der Erblasser zunächst ordnungsgemäß, dann stellte er die Zahlungen ein. Auf Aufforderung der Beklagten, das Darlehen zurückzuführen, berief er sich auf die zwischenzeitlich eingetretene Verjährung der Hauptschuld. Die Beklagte forderte ihn zum Ausgleich des Rückstands auf. Dann setzte sie eine letzte Frist und drohte die Kündigung der Geschäftsbeziehung und die Verwertung der Sicherheiten an. Der Erblasser veräußerte in der Folge seine Immobilie. Die Erteilung der Löschungsbewilligung hinsichtlich der zu ihren Gunsten darauf lastenden Grundpfandrechte machte die Beklagte von der Zahlung eines Betrages von zunächst 187.500,- Euro, zuletzt 175.000,- Euro abhängig. Von diesem ihr ausgekehrten Betrag verrechnete sie knapp 65.000,- Euro auf die in Rede stehende Schuld.

Mit der Klage begehrte der Kläger die Rückerstattung dieses Betrages abzüglich eines auf eine von ihm als berechtigt anerkannten anderweitigen Kreditforderung der Beklagten zu zahlenden Betrages in Höhe von 25.000,- Euro. Er hat weiterhin die Auffassung vertreten, die Bürgenschuld sei aufgrund der Verjährung der Hauptschuld erloschen. Durch den abgeschlossenen Darlehensvertrag sei kein neues Schuldverhältnis geschaffen, sondern lediglich die Bürgenschuld kreditiert worden. Er hat den Willen der (vormaligen) Parteien bestritten, durch den Darlehensvertrag einen von den bisherigen Bürgschaften unabhängigen neuen Schuldgrund zu schaffen, der Einwendungen aus den Bürgschaften ausschließe. Vielmehr habe der Erblasser mit der Beklagten lediglich eine Ratenzahlungsvereinbarung zur Begleichung der Bürgenschuld getroffen. Der Erblasser sei darüber hinaus damals nicht einmal davon unterrichtet worden, dass das Insolvenzverfahren gegen die Hauptschuldnerin bereits eröffnet gewesen sei. Der Kläger hat der Beklagten in diesem Zusammenhang weiter vorgeworfen, durch die Rücknahme der Anmeldung der Forderung zur Insolvenztabelle erst die Verjährung der Hauptschuld herbeigeführt zu haben, weshalb es dem Erblasser nicht mehr möglich gewesen sei, die Hauptschuldnerin seinerseits gemäß § 774 BGB in Anspruch zu nehmen. Anderenfalls hätte er als Bürge lediglich die Rechtsnachfolge nach dem Hauptgläubiger nachweisen müssen.

Das OLG Celle entschied: „Durch die Ablösung einer Bürgschaft durch ein Darlehen entsteht eine neue Schuld, die von der durch die Bürgschaft ursprünglich abgesicherten Hauptforderung unabhängig ist. Der Darlehensnehmer kann dem Anspruch der Bank aus dem Darlehensvertrag die Verjährung der Hauptforderung mithin nicht mit Erfolg entgegenhalten.“

OLG Celle, Az.: 3 U 182/09