(IP) Hinsichtlich des Phänomens ‚Scheingeschäft’ bei stark überteuert und betrügerisch weiterverkauften Immobilien, die zuvor teils per Zwangsversteigerung erstanden worden waren, hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

„Angesichts der vom Landgericht festgestellten Umstände, dass der Angeklagte der Zeugin W. für die Unterschriftsleistung beim Notar einen Betrag in Höhe von 10.000 Euro versprochen hatte und dass die Erlangung der vollständigen notariellen Kaufvertragsunterlagen notwendige Voraussetzung war, um die darlehensfinanzierte Kaufpreissumme zu erhalten ... bestanden gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte und die Zeugin W. nur den Schein eines wirksamen Kaufvertrages schaffen wollten. Der Zeugin W. kam es erkennbar nicht auf den Erwerb einer Immobilie, sondern allein auf den Erhalt der ihr für die Unterschriftsleistung beim Kaufvertrag versprochenen 10.000 Euro an, um ihre finanziellen Schwierigkeiten beseitigen zu können. Das Landgericht hätte daher die nahe liegende Möglichkeit erörtern müssen, ob vom Angeklagten mit Wissen und Wollen der Zeugin W. lediglich der Schein eines wirksamen Kaufvertrages geschaffen werden sollte, um die finanzierende Bank über einen entsprechenden Kaufvertrag zu täuschen und zur Auszahlung der Darlehenssumme zu veranlassen, aus der die der Zeugin W. versprochenen 10.000 Euro erbracht werden konnten. Es liegt daher insoweit ein Erörterungsmangel vor, auf dem das Urteil auch beruht, weil es dann an einem täuschungsbedingten Vertragsabschluss mit Entstehen einer wirksamen Verbindlichkeit fehlen würde.“

Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen u. a. Steuerhinterziehung in zwei Fällen, vorsätzlichen Unterlassens der Bilanzerstellung, vorsätzlichen Bankrotts, Betrugs in zwei Fällen und Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.

Gegen dieses Urteil wandte sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und sachlich-rechtliche Beanstandungen erhoben hatte. Das Rechtsmittel hatte zwar Erfolg, wurde vom BGH aber als unbegründet zurückgewiesen. Die Richter führten weiter aus: „Entscheidend ist ..., ob die Beteiligten zur Erreichung des angestrebten Erfolges ein Scheingeschäft für genügend oder ein ernst gemeintes Rechtsgeschäft für erforderlich erachtet haben. Zwar obliegt die Beurteilung, ob ein Geschäft nur zum Schein abgeschlossen wurde, grundsätzlich dem Tatrichter. Die Urteilsgründe müssen jedoch, wenn Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Scheingeschäfts gegeben sind, erkennen lassen, dass der Tatrichter die wesentlichen für und gegen ein Scheingeschäft sprechenden Umstände im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt und in eine Gesamtwürdigung einbezogen hat. Daran fehlt es hier.“

Das Originalurteil kann hier abgerufen werden:

BGH, Az.: 1 StR 20/16

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